Remote Work
Author
Laura Bohrer
Date published
07.06.2022
Remote Work wird mit vielen Vorzügen gepriesen, darunter mehr Produktivität im Homeoffice, höhere Mitarbeiterzufriedenheit und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Es gibt jedoch einen Aspekt, bei dem die positiven Auswirkungen der Telearbeit sehr umstritten sind, und zwar die Gleichstellung der Geschlechter.
Trotz weltweiter Bemühungen schließt sich der Gender Gap nur sehr langsam. Frauen werden immer noch seltener befördert, kommen seltener in Führungspositionen, werden schlechter bezahlt und haben Nachteile, wenn sie Kinder haben. In einer vom Pew Research Center durchgeführten Umfrage gaben 51 % der Befragten an, dass sie es als Mutter schwerer haben, beruflich voranzukommen - im Vergleich zu nur 16 % der berufstätigen Väter. Dieselbe Studie zeigte auch, dass Frauen viel häufiger als Männer familienbedingt ihre Karriere unterbrechen.
Schlagzeilen wie "Homeoffice verstärkt klassische Geschlechter-Rollenbilder" machen deutlich, dass Remote Work eine kritische Rolle bei der Gleichstellung der Geschlechter einnimmt. Doch wie wirkt sich die Telearbeit tatsächlich auf Frauen aus? Und was bedeutet das für HR und Führungskräfte?
Bevor wir zu den Auswirkungen von Remote Work auf die Gleichstellung der Geschlechter kommen, sollten wir uns ansehen, wie der weibliche Teil der arbeitenden Bevölkerung über das Homeoffice denkt. Es gibt mehrere Studien, die einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern in Bezug auf Remote Work zeigen.
Frauen neigen demnach eher dazu, sich für Remote Work oder hybride Modelle zu entscheiden als Männer. So ergab eine von Flexjobs durchgeführte Umfrage zu den Arbeitsplatzpräferenzen, dass 68 % der Frauen es vorziehen, ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten - im Vergleich zu nur 57 % ihrer männlichen Kollegen. Der Anteil der Frauen, die Remote Work als einen der wichtigsten Mitarbeitervorteile ansehen, ist ebenfalls viel höher als bei den Männern - 80 % (Frauen) gegenüber 69 % (Männer).
Die Vorteile, die die Arbeit im Homeoffice mit sich bringt, werden von Frauen außerdem fast durchgehend mehr geschätzt als von Männern. Eine LinkedIn-Studie aus dem Jahr 2021 lieferte ähnliche Ergebnisse hinsichtlich Bewerbungen auf Remote Jobs. Aus den Daten von LinkedIn geht hervor, dass sich Frauen mit 26 % höherer Wahrscheinlichkeit auf Remote Arbeitsplätze bewerben als Männer.
Erstaunlicherweise hat die Pandemie jedoch gezeigt, dass Remote Work Frauen nicht davon abhält, ihren Job zu kündigen. Ganz im Gegenteil. Wie eine Studie über die Auswirkungen der erhöhten Kinderbetreuungspflichten in der Pandemie auf weibliche Angestellte im Homeoffice ergab, kündigten viele Frauen während Corona trotz Homeoffice. Der Hauptgrund war die mit der Kinderbetreuung verbundene zusätzliche Arbeitsbelastung.
Remote Work wird oft als Chance gesehen, die Gleichstellung der Geschlechter zu verbessern. Der Gedanke dahinter: Das Homeoffice schafft mehr Flexibilität und ermöglicht es berufstätigen Müttern, ihre Arbeit mit ihren familiären Pflichten zu verbinden. Dies wird nicht nur als Möglichkeit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern auch als Chance für Frauen gesehen, eine Unterbrechung ihrer beruflichen Laufbahn nach der Geburt zu vermeiden.
In ähnlicher Weise soll Remote Work den Grundstein für eine gerechtere Aufteilung der Haushalts- und Kinderbetreuungsaufgaben legen. Dank flexibler Arbeitsmodelle könnten sich Väter endlich stärker an der Kinderbetreuung und der Arbeit im Haushalt beteiligen. Ein weiteres Argument, das die Rolle des Homeoffice bei der Verringerung des Gender Gaps stützt, sind die Wertvorstellungen, die von Remote-First Unternehmen vertreten werden.
Diese werden im Allgemeinen in Übereinstimmung mit modernen Ideen und Vorstellungen gesehen und sollen so den Weg zu einem integrativen Arbeitsplatz bereiten, an dem geschlechtsspezifische Diskriminierung keinen Platz mehr hat.
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Trotz der größeren Flexibilität, die das Homeoffice berufstätigen Frauen bieten kann, gibt ein in Forbes veröffentlichter Artikel Anlass zur Sorge, dass "der neue hybride Arbeitsplatz einige Frauen zu Arbeitnehmern zweiter Klasse machen [könnte]". Das Hauptargument: Remotes Arbeiten bietet Frauen nicht nur die Möglichkeit, ein Gleichgewicht zwischen ihrem Berufsleben und ihren familiären Pflichten zu finden, sondern hat auch seinen Preis.
Frauen übernehmen traditionell mehr Aufgaben im Haushalt und bei der Kinderbetreuung als Männer. Das ist auch im 21. Jahrhundert noch so. Die 2020 Ausgabe von “Women in the Workplace" von McKinsey & Company und LeanIn.org stellt fest, dass Frauen, und insbesondere Mütter, "1,5-mal häufiger als Väter drei oder mehr Stunden pro Tag für Hausarbeit und Kinderbetreuung aufwenden - das entspricht 20 Stunden pro Woche oder einer halben Vollzeitstelle".
Diese ungleiche Verteilung wurde während der Pandemie besonders deutlich. Infolgedessen fühlten sich Frauen stärker unter Druck gesetzt, ihre Arbeitszeiten zu reduzieren oder ihre Arbeit ganz aufzugeben. In Zahlen ausgedrückt: 17 % der Mütter zogen während der Pandemie eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit in Erwägung, verglichen mit nur 9 % der Väter, wie der McKinsey-Bericht feststellt.
Außerdem führt die Doppelbelastung aus Kinderbetreuung und Beruf dazu, dass Frauen stärker von Burnout betroffen sind als Männer. In der 2021 Ausgabe des Berichts von McKinsey & Company und LeanIn.org gaben 42 % der Frauen an, sich ständig ausgebrannt zu fühlen, im Vergleich zu nur 35 % der Männer.
Wer im Homeoffice arbeitet, der hat geringere Chancen auf eine Beförderung. Oder wie Colleen Ammerman, die Leiterin der Gender-Initiative der Harvard Business School, sagte: "Leute, die außerhalb des Büros arbeiten, sind gestraft in Bezug auf Beförderungen".
Ihre Aussage wird durch eine von Egon Zehnder durchgeführte Studie gestützt. Die Unternehmensberatungsfirma fand heraus, dass 97 % der Führungskräfte Remote Work als vorteilhaft für Frauen betrachten. 70 % gaben jedoch zu, dass Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, aufgrund der mangelnden Sichtbarkeit eher für Führungsaufgaben übergangen werden.
Eine Analyse des britischen Office for National Statistics kam zu ähnlichen Ergebnissen. Ihren Daten zufolge hatten Remote-Mitarbeiter eine um 50 % geringere Chance, befördert zu werden, als alle anderen Arbeitnehmer. Auch die Chance, einen Bonus zu erhalten, sank für Remote-Beschäftigte um 38 %, um genau zu sein.
Falsche Annahmen über mangelndes Engagement von Frauen für ihre Karriere und fehlende Möglichkeiten für Networking sind weitere Faktoren, die zu berücksichtigen sind. So ergab eine Online-Umfrage von SHRM, dass 23 % der befragten weiblichen Remote-Mitarbeitern das Gefühl hatten, dass ihnen Gelegenheiten zum Aufbau enger Arbeitsbeziehungen entgingen.
Hinzu kommt, dass Remote Work kein Ende der Diskriminierung und der Mikroaggression am Arbeitsplatz bedeutet. Tatsächlich sind Diskriminierung und respektloses Verhalten wie ständiges Unterbrechen, mangelnde Anerkennung und das Infragestellen von Fachkenntnissen für Frauen im Homeoffice nach wie vor eine Realität. So ergab eine Catalyst-Umfrage, dass 45 % der weiblichen Führungskräfte es für schwierig halten, dass Frauen in virtuellen Meetings das Wort ergreifen.
Berufstätige Frauen haben stärker unter den Auswirkungen der Pandemie gelitten. Einem Bericht des McKinsey Global Institute zufolge stellen Frauen 39 % der weltweiten Erwerbsbevölkerung dar, machten jedoch 54 % der Arbeitsplatzverluste während der Pandemie aus. Darüber hinaus befürchten fast 70 % der Frauen, die ihre Karriere pandemiebedingt unterbrechen mussten, dass sich ihr beruflicher Aufstieg dadurch verlangsamen könnte. Das ergab eine weltweite Umfrage von Deloitte.
Jetzt, da die Pandemie überwunden ist und Remote Work und hybride Modelle zur neuen Normalität werden, müssen HR und Führungskräfte dafür sorgen, dass das Homeoffice nicht zu einem Nachteil für berufstätige Frauen wird. Bewusstsein über die Nachteile von Remote Work zu schaffen ist der erste Schritt.
Aber es braucht mehr als das. Vielmehr müssen Führungskräfte eine proaktive Haltung einnehmen und Maßnahmen ergreifen, um gleiche Bedingungen für Remote Worker und Büroangestellte zu schaffen. Dazu gehören:
Methoden zur Leistungsbewertung ändern - physische Anwesenheit sollte nicht ins Gewicht fallen
Meetings zu Zeiten planen, die für alle Teammitglieder geeignet sind, sodass auch Mitarbeiter im Homeoffice teilnehmen können
Kein privilegierter Zugang zu speziellen Projekten und Beförderungen für Büroangestellte
“Aus den Augen, aus dem Sinn”-Denken aktiv bekämpfen
Regelmäßige Besprechungen zwischen Remote-Mitarbeitern und Führungskräften einrichten
Fokus auf Produktivität und Ergebnisse statt auf geleistete Arbeitsstunden legen
Spezielle Schulungen für Manager, um (unbewusstes) Bias-Denken zu erkennen und zu vermeiden
Remote Work kann für weibliche Beschäftigte ein zweischneidiges Schwert sein. Zwar bringt das Homeoffice in der Regel viele Vorteile für Arbeitnehmer mit sich, die auch von Frauen sehr geschätzt werden, doch die Sorge, dass Remote Work die Kluft zwischen den Geschlechtern vergrößern und damit erzielte Fortschritte bei der Gleichstellung zerstören könnte, ist berechtigt. Vor allem unter den derzeitigen Umständen.
Da sich mehr Frauen als Männer für das Homeoffice entscheiden, müssen bestehende Mechanismen und Vorurteile, die zu einer Bevorzugung der Büroangestellten gegenüber Remote Workern führen, abgebaut werden. Unternehmen haben dabei eine wichtige Rolle und sollten Maßnahmen ergreifen, um gleiche Bedingungen für Mitarbeiter im Homeoffice zu schaffen. Andernfalls könnten die Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter gravierend sein.
Traditionelle Vorstellungen, die den Mann als Haupternährer der Familie und die Frau als zuständige Person für Haushalt und Kinder sehen, spielen ebenfalls eine Rolle, wenn es darum geht zu beantworten, ob Remote Work ein Segen oder eher eine zusätzliche Belastung für Frauen ist. Wenn Remote Work dazu führt, dass die Last von Kinderbetreuung, Haushaltspflichten und beruflichen Verpflichtungen für Frauen immer größer und Burnout zum Standard wird, dann kann Remote Work bald nicht mehr als Vorteil gesehen werden.
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